Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen in Bochum

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BMUB, hat im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau im November 2015 ein Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen aufgelegt.

Das Ziel des Förderprogramms ist es, den Wohnungsmarkt in Ballungsgebieten zu entspannen und in Zukunft bezahlbaren Wohnraum für Studierende, Auszubildende, Rentner und Flüchtlinge anbieten zu können. Um das zu erreichen, sollen die Wohnungen nutzungsneutral sein und eine geringe Warmmiete haben. Mit dem Programm möchte die Bundesregierung architektonische, bauliche und technische Innovationen erproben, begleiten und auswerten.

Das BMUB fördert mit dem Programm “Variowohnen” Wohnungen, die neben einem Individualraum über eine kleine Küche und ein Bad mit WC verfügen, dies wird als ein Wohnplatz betrachtet. Dabei soll der Individualraum mindestens 14 m² groß sein, jedoch die gesamte Fläche eines Einzelapartments 20 m² nicht überschreiten. Die gesamte geförderte Wohnfläche inkl. anteiliger Gemeinschaftsflächen außerhalb der Wohnung beträgt 30 m² je Wohnplatz. Maximal vier Wohnplätze können zu einer Wohneinheit zusammengefasst werden mit individuellen bzw. Gemeinschaftsbädern und einer Küche. Durch eine modulare Bauweise, serielle Elemente und Vorfertigung kann die Bauzeit für das Projekt in Bochum um ca. 10 Monate verkürzt werden.

Mit den in Bochum von der ACMS Architekten GmbH, Wuppertal geplanten Neubauten wird ein ehemaliges Bergbaugelände revitalisiert. Hier eine Bebaubarkeit des Grundstücks herzustellen wird mit dem lokalisieren und teilweisen Verfüllen der Flötze einhergehen, um das Gelände zu sichern. Die Architekten entwarfen für das in unmittelbarer Nähe zur Ruhruniversität Bochum gelegene Gelände drei L-förmige Gebäude. Die Kopfbauten sind mit fünf Geschossen höher als die anschließenden Schenkel, die nur vier Etagen haben. Insgesamt finden 258 Wohnplätze aufgeteilt in 1-Raum-, 2-Raum- und 4-Raum-Wohnungen in den Gebäuden Platz. Während in den Erdgeschossen Technikräume, die Hausmeisterzentrale sowie zwei rollstuhlgerechte Wohnungen und Gemeinschaftsräume zu finden sind, befinden sich in den oberen Geschossen Wohnungen und weitere wohnungsbezogene Gemeinschaftsräume. Die gesamte Anlage ist barrierefrei.

Bildquelle: Sigurd Steinprinz, Düsseldorf

Die Bäder entsprechen den Vorgaben der DIN 18040 Teil 2 (ohne Markierung R). Dabei befinden sich jeweils an den Kopfenden der Gebäude die Wohngemeinschaften der 2- bzw. 4-Raum-Wohnungen, teilweise sind die Wohnungen möbliert. Die Erschließung erfolgt außerhalb der Gebäude, um die Kosten zu minimieren. Die Bauzeit wird durch einen elementierten Rohbau, eine elementierte Fassade und vorgefertigte Bäder auf 13,5 Monate verkürzt. Der Rohbau besteht aus vorgefertigten Betonsystemen, bekannt aus dem Industriebau.

Die Giebelwände sind aussteifende Wände, die als Halbfertigteile auf der Baustelle verfüllt werden. Ein Spannbeton-Hohldielensystem auf Stahlunterzügen spannt als Decke stützenfrei über die Räume. In den Hohlräumen befindet sich die TGA des Gebäudes mit dezentraler Lüftungsanlage. So ist ein Geschoss innerhalb von 1,5 Wochen zu bauen. Die vorgefertigten Bäder ermöglichen eine Entzerrung der Gewerke im Innenausbau. Als Fassadensystem kommt ein Holztafelsystem zum Einsatz. Komplett vorgefertigt, können bis zu 1 000 m² Fassade pro Tag gebaut werden. In der Summe wird der Fassadenbau ca. 3-4 Wochen dauern.

Bildquelle: Sigurd Steinprinz, Düsseldorf

Die Gebäude sind im Passivhausstandard geplant und werden nach DGNB Kriterien zertifiziert: Zu- und Abluft mit Wärmerückgewinnung, Kaskadenlüftung, BHKW und PV-Anlagen auf den Dächern. Die raumabschließende Gebäudehülle wird als nichttragende, hochwärmegedämmte und luftdichte Außenwand in Form von vorgefertigten Holzbauelementen vor die Rohbaukonstruktion montiert. Als Außenwandbekleidung ist eine vorgehängte, hinterlüftete Fassade aus unterschiedlichen Materialien vorgesehen. Die Ausführung in Passivhausqualität übertrifft die derzeitigen Vorgaben der Energieeinsparverordnung EnEV und ermöglicht den Nachweis als KfW-Effizienzhaus 40 Plus. Dieses Projekt erfüllt viele der Förderkriterien und wurde daher vom Fördergeber als herausragendes Modellvorhaben eingestuft.

Gefördert werden Neubauten, Umbauten und Aufstockungen, deren Standort in Deutschland ist. Neubauten müssen mindestens 40 Wohnplätze umfassen, Lückenschließungen in einer Blockrandbebauung mindestens 20, Umbauten von Gebäuden, die bisher nicht für Wohnen genutzt wurden, mindestens 30, Anbauten mindestens 20 und Aufstockungen mindestens 10. Bei mehr als 20 Wohnplätzen sind Gemeinschaftsräume vorzuhalten (Größenordnung mind. 1,2 m² pro Wohnplatz). Sie sind als Mehrzweckräume (gemeinsame Veranstaltungen, Fitness, Musik etc.) mit entsprechenden Nebenräumen zu planen. Darüber hinaus wirken sich zahlreiche weitere Faktoren wie z.B. eine erhebliche Bauzeitverkürzung, neue Technologien für Energieeinsparmaßnahmen etc. positiv auf die Höhe der Förderung aus. Diese richtet sich nach dem Innovationspotential, das über ein Punktesystem errechnet wird.

Bildquelle: Sigurd Steinprinz, Düsseldorf

Das Projekt wird mit 3,3 Mio. € vom Bundesbauministerium, BMUB über das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, BBSR, Bonn gefördert. Die Warmmiete wird für die Wohnplätze gemäß den Förderbestimmungen unter 300 € liegen. Die Gebäude werden den Passivhausstandard erfüllen und als weiteres Förderkriterium der parallel beantragten Wohnraumförderung des Landes NRW einen Primärenergiebedarf von 40 kWh/m2a nicht überschreiten.

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